Um 1900 blühte im kleinen Ort Bettlach in der Nähe von Grenchen die Uhrenindustrie. Aus dieser Zeit stammen die vier exakt gleichen Arbeiterhäuser mit je einer bescheidenen Wohnung auf jedem der drei Geschosse. Die Bauherrin, in ihr Elternhaus zurückgekehrt, wollte ihre Wohnung im ersten Obergeschoss erweitern. Die Architektin stellte ihr einen weit verglasten Raum vors Haus mit einem grossen Balkon daneben. Beides bildet den oberen Teil einer selbstbewussten Bauplastik: Prekär schiebt sich der Raum zur Seite, blickt mit einem Fensterschlitz die seitliche Hauswand entlang nach hinten und scheint nur noch gerade eben die Balance auf der darunter liegenden Wandscheibe zu halten. Der unteren Wohnung dient das sich ans Haus lehnende Gebilde als Terrasse und verglaste Loggia, der Dachwohnung als Balkon. Zu dieser ambitionierten Gestalt schafft die gewöhnliche Ausführung ein wohltuend-charmantes Gegengewicht. Der Beton ist weder scharfkantig, noch glatt, die Fügung der Bauteile ist direkt und spart nicht an Silikon. Die grobe, silbrig-grau lasierte Struktur der Spanplatten, die als Schalung dienten, sucht die Nähe zum Kellenwurf des Altbaus, die eierschalenfarben lackierten Metallgeländer orientieren sich wiederum an den vorhandenen, glatt verputzten Fenstergewänden. So entsteht trotz des augenscheinlichen Unterschiedes zwischen alt und neu eine Art ungleiches Miteinander.